Deuxième Bureau: Sarah Schoderer
Kalter Kaffee
Oct 28, 2011 – Jan 21, 2012
Die Gemälde von Sarah Schoderer sind durch eine eigentümliche Farbigkeit und einen pastosen Pinselstrich geprägt. Stets sind die Spuren des Pinsels nachzuvollziehen. Sie geben dem Bild Grund und dem Gegenstand Kontur. Die gemalten Räume beginnen durch den kräftigen, texturierten Einsatz von Farbe ihren Zusammenhalt zu verlieren, wodurch es zu einer weitgehenden Auflösung des Bildraums und damit zu einer Abstrahierung des Dargestellten kommt. Die Künstlerin arbeitet meist nass in nass, was ein zügiges Arbeiten erfordert, da in die noch nicht getrocknete Farbe hineingemalt wird. Im ersten Moment wirken die Oberflächen aus flüchtigen Spuren, Markierungen und Zeichen zusammengesetzt, doch ist kein kalkulierter Verlust formaler Kontrolle in den Bildern auszumachen.
Durch die Farbvielfalt können wir uns auf die Bewegung der Farbe als Material konzentrieren, reagieren auf ihre Dichte, ihre Formbarkeit und darauf wie ihre Manipulation die Oberfläche zum Leben erweckt. Es ist auch der Wechsel zwischen Nähe und Verschwinden der eine Spannung auf der Oberfläche erzeugt. Farben und Pinselstrich stehen im Kontrast zur Größe und Einfachheit des Motivs und der Präsenz dieses Objekts im Raum. Die Motive tendieren dazu alltäglich, bodenständig und unspektakulär zu sein. Häufig stehen Bildelemente nebeneinander, die einander so fremd sind, dass gerade die Sinnlosigkeit dieses Nebeneinanders eine plötzliche Verschärfung dieser scheinbaren Nebensächlichkeiten verursacht. Mit der lakonischen Art, mit der die Dinge im Bild inszeniert sind, erzeugen sie sehr zurückgenommen und verhalten narrative Ansätze und entzünden so die Phantasie des Betrachters. Die Stillleben von Schoderer sind weitaus mehr als die Darstellung leblos unbewegter und banaler Dinge, vielmehr werden subtile Geschichten, menschliche Verhaltensweisen oder Schicksale assoziiert. Durch ihre Beiläufigkeit verschärfen die Gemälde die Sicht auf unsere Umgebung; sie sind eine Interpretation der Welt durch den Blick auf die ungeachteten Dinge und banalen Gegenstände. Neben diesen alltäglichen Utensilien, wie beispielsweise Flaschen, Gläsern, Tischen, Serviervagen, Heizkörper, Regenschirme und Malerutensilien sind vereinzelt auch Portraits von Menschen oder Räumen mit Postern, auf denen Menschen posieren, zu sehen. Bei diesen Portraits stellt Schoderer hauptsächlich die Künstlichkeit der dargestellten Pose heraus und sucht einen Kontrast zwischen der Malerei und dem konkreten Inhalt herauszustellen.
Geprägt von einer inneren Ruhe versteht die Künstlerin die Leinwand als Spannungsfeld zu nutzen, auf der sich die objektiven, sichtbaren Formen und die subjektiven, persönlichen Anschauungen begegnen. Die Gemälde entstehen in Auseinandersetzung mit dem Hier und Jetzt und zeigen eine subjektive Ansicht der Welt, mit Referenzen zu persönlichen oder auch medialen Bildern aber auch mit Bezügen, sowohl zu verschiedenen kunsthistorischen Epochen wie Barock, Impressionismus, Pop-Art oder der Bad-Painting-Bewegung der 80er Jahre, als auch Künstlern wie El Greco, Jean-Simeon Chardin, Albert Oehlen, Werner Büttner oder Luc Tuymans. Es manifestieren sich dabei Elemente der Ironie, des Protests, des Trashs, des Kitsches. Ähnlich der „Bad Painters“ kritisiert die Malerei von Sarah Schoderer von Innen heraus und eröffnet ihr dadurch neue Möglichkeiten, doch dies erfolgt eher still und zurückgenommen.
Bernd Reiss